Mittwoch, 16. Juli 2014

Die Hauptstraße - Haus Nr. 32, das älteste Haus von ganz Hochstadt



Ein Gutachten der Stadt Maintal ergab das Baujahr 1538

Bericht im Tagesanzeiger vom 10. August 1985


An der Tür des Hauses Hauptstraße 32 in Hochstadt öffnet sich ein Fensterchen, ein alter Mann schaut heraus, beobachtet den Fotografen, der gerade Aufnahmen macht. Wilhelm Rauch, mit seinen 90 Jahren der älteste männliche Einwohner von Hochstadt, zeigt sich gastfreundlich. Auf einer Bank im Hinterhof erzählt er von seinem Fachwerkhaus, über das zurzeit wieder viel gesprochen wird.




Dass Passanten an der Ecke Hauptstraße/Ritterstraße stehen bleiben und das Schmuckstück mit seinen über der Haustür rankenden Weinreben, den Sprossenfenstern und Fensterläden bewundern, ist für ihn und seine Familie nichts Neues. Seit aber die Stadt ein im Fachjargon als "dendrologisch" bezeichnetes Gutachten in Auftrag gegeben hat, bei dem mit Proben aus den Holzbalken das Alter eines Hauses genau bestimmt werden kann, ist das Gebäude an der Hauptstraße 32 sogar Thema der jüngsten Magistrats-Pressekonferenz gewesen. Dort erklärte unlängst Stadträtin Ilse Dembowski, dass es sich bei dem Haus von Wilhelm Rauch um das älteste Haus von Hochstadt handele, das im Jahr 1538 errichtet worden sei.


 



Vor vier Jahren, so berichten Wilhelm Rauch und seine Schwiegertochter, wurde das Haus restauriert. Morsche Balken, insbesondere am Giebel, mussten ausgetauscht werden, eine der Mannfiguren an der zur Ritterstraße hinweisenden Seite wurde wiederhergestellt. Auch die Fenster wollten die beiden im Haus wohnenden Rauch-Generationen wieder so haben, wie sie ursprünglich einmal ausgesehen haben. "Insgesamt habe ich vierzehn verschiedene Fensterarten gezählt", sagt die Schwiegertochter. Im Laufe der Jahre habe man kaputte Fenster offenbar mit dem ersetzt, was gerade da war. Zu beiden Straßenseiten hin sind jetzt also wieder die historischen Sprossenfenster zu sehen. Drei dieser Sprossenfenster und die Läden im Erdgeschoss, die noch erhalten waren, dienten als Vorlage.

 

Die Bemühungen der Rauchs, die sie sich immerhin 35.000 Mark kosten ließen, wurden im Sommer 1982 belohnt: beim Fassadenwettbewerb der Stadt bekamen sie für ihr Haus einen der ersten beiden Preise. Die Stadt selbst unterstützte die Restaurierungsarbeiten mit 3.000 Mark. Dass es den beiden Generationen Rauch - neben dem 90jährigen Wilhelm Rauch und seiner 85jährigen Frau leben in dem Haus sein Sohn Rudolf und dessen Frau - am Herzen lag, das Fachwerkhaus wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, versteht man von selbst, wenn man bedenkt, welche Familiengeschichte mit dem Gebäude zusammenhängt. 
Wilhelm Rauch war in dem Hochstädter Gasthaus "Zur Krone" geboren. Ihm hätte als ältestem Sohn der Familie das Erbe zugestanden, so berichtet er. Da er aber nicht sein ganzes Leben lang hinter dem Tresen stehen wollte, sei er 1934 mit seiner Frau, die im der Krone gegenüberliegenden Gasthaus "Zum Tiger" geboren ist, in das zum damaligen Zeitpunkt seit vier Generationen im Familienbesitz an der Hauptstraße 32 gezogen. Im seinerzeit noch landwirtschaftlichen Betrieb mit vielen Nebengebäuden arbeiteten Wilhelm Rauch und später einer seiner Söhne viele Jahre lang. 
Die Nebengebäude stehen heute längst nicht mehr. Sie wurden im Zuge der Ortskernsanierung abgerissen. Ein kleines "Gesindehäuschen", das neben dem Scheunentor von der Hauptstraße aus zu sehen ist, erinnert noch heute an die einstige Nutzung. Dort waren die Waschküche und der Boden untergebracht. Die Rauchs bezeichnen das innen völlig mit Efeu überwachsene Gebäude liebevoll als Hexenhäuschen.



Die älteren Hochstädter können sich bestimmt noch an Wilhelm Rauch erinnern, hier ist er 1976 beim Schneeschippen vor seinem Haus.

Den Zeitungsbericht und das Foto von Herrn Rauch hat mir seine Tochter Marianne Schick zur Verfügung gestellt.




So sah es 1961 aus, als das Kopfsteinpflaster entfernt und die Hauptstraße geteert wurde.
Dieses Foto hat August Wolfstetter gemacht.




Eigentlich wollte ich wöchentlich einen neuen Beitrag einstellen, aber letzte Woche habe ich es einfach nicht geschafft - Du weißt ja, Rentner haben nie Zeit...

3 Kommentare:

  1. Gabriele
    Was es doch noch fuer Schaetze in Hochstadt gibt. Sehr schoen.

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  2. Dagmar
    Habe ich doch richtig gesehen, steht nur um drei Ecken meiner Geburtsstätte, einfach nur toll und einmalig unsere schöne Hauptstraße! Denke Gabi kann mir das bestätigen!

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  3. Gabriele
    Stimmt liebe Dagmar, wir haben eine schöne Heimatstadt und wir hatten in unserem Eck eine schöne und unbeschwerte Kindheit.

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